Präsenzgottesdienst in Corona-Zeiten

Von Arnd J.

Etwa 20 Stühle stehen im Abstand von mindestens zwei Metern verteilt im Gottesdienst-Saal. Jeder muss einen Mundschutz tragen. Zugang erhält nur, wer sich vorher in eine Liste eingetragen und die Hände desinfiziert hat. Das Konzept der Teilnahme nach vorheriger Anmeldung widerspricht dem Geist der für allen offenen Kirche. Ein richtiges Gemeinschaftsgefühl mag zunächst nicht aufkommen. Zu groß ist der Abstand und zu befremdlich ist der Anblick der “Maskierten”. Natürlich kennt man die meisten Geschwister und doch ist alles anders. Die Maske macht es schwer, die Mimik der anderen zu lesen und Aufschluss über ihre Gefühlslage zu erhalten.

Der Pastor schaut uns aufmunternd an und sein Gebet macht Mut für den kommenden Gottesdienst – er darf von vorne ohne Mundschutz auftreten – ein Orientierungspunkt in der anonymen Masse. Beim Lobpreis per Video-Einblendung dürfen wir nur mitsummen, um nicht zu viele Aerosole zu verbreiten. Diese Vorgabe hat sicher ihre Sinnhaftigkeit, doch für mich ist das Summen kein Ersatz. Bei einer offenen Fragerunde kommt dann aber Hauskreis-Atmosphäre auf. Die Teilnehmer dürfen nun ganz frei darüber reden, was sie beschäftigt, was ihnen fehlt, wofür sie beten möchten, aber auch wofür sie dankbar sind. Auf einmal haben die Maskierten eine Stimme und zeigen ihr Herz. Ich bemerke, dass Geschwister anwesend sind, die ich bisher kaum kannte oder in letzter Zeit selten gesehen habe. Sie beteiligen sich. Es tut ihnen gut, sich austauschen zu können.

Mir wird klar, warum der gemeinschaftliche Gottesdienst so wichtig ist und warum die derzeitige Kompromiss-Variante gar nicht so absurd ist. Hier darf jeder kommen und er/sie selbst sein, hier wird nicht zwischen Digitalisierten und Nicht-Digitalisierten unterschieden, sondern hier dürfen auch die derzeit sozial unterversorgten Geschwister endlich ihre schmerzlich vermissten Kontakte pflegen. Auch wenn dies nicht der Dauerzustand sein kann und wird, geben wir dem Format eine Chance und helfen Menschen, den derzeitigen Krisenzustand besser zu überstehen.